Ein Gespräch zwischen der Sammlung Goetz und dem Künstler über tägliche Motivation und Inspiration
Was ist Deine tägliche Motivation, Julian Rosefeldt?
Meine drei Kinder bei Laune zu halten. Kinder sind in diesen Zeiten ein Vergrößerungsglas der Auswirkungen der Pandemie auf die eigene Verfassung. Ihnen mehr Zeit und Aufmerksamkeit zu geben, erfordert zwar mehr Kraft als sonst, macht aber trotz Stressmomenten letztlich gute Laune.
Woher nimmst Du in diesen Zeiten Deine Inspiration?
Aus der Literatur. Museen und Galerien sind ja geschlossen, Begegnungen mit Freunden eingeschränkt und Reisen fallen fast gänzlich weg. Ich lese deshalb wesentlich mehr als vor der Pandemie, die meisten Bücher allerdings als Recherche für meine Arbeit.
Woran arbeitest Du gerade?
Meine Projekte dauern ja von der Idee bis zur Realisierung gerne ein bis zwei Jahre, manchmal auch länger. Durch die Pandemie hat sich dieser Zeitrahmen nur noch mehr ausgedehnt, weil alles verschoben wurde musste. Gerade arbeite ich zeitversetzt an drei Projekten, die alle ihren Ursprung schon in der Zeit vor Corona haben: an einer Oper und an zwei Filminstallationen. Und ich sehe meine Klasse an der Münchner Kunstakademie jede Woche online. Wegen der Kinder zuhause habe ich zwar weniger Zeit als sonst, aber da andere Ablenkungen wegfallen, ist es trotzdem ein halbwegs konzentriertes Arbeiten, wenn auch langsamer als sonst. Insgesamt erlebe ich diese Verlangsamung als Gewinn. Erkenntnis aus dem Stillstand: Das meiste von dem Stress, den ich immer dem Druck von außen zugeschrieben hatte, war doch letztlich selbstgeneriert. Den Stress will ich auch nicht unbedingt wieder zurückhaben, wenn die Pandemie irgendwann vorbei sein sollte.